Arbeitsregeln, oder: „was passiert eigentlich in einer Gruppe und wie kann ich sie am besten für mich nutzen?“
Die Folgenden Stichpunkte und Erklärungen sollen Ihnen ein paar Ideen vermitteln, wie in einer Gruppentherapie gearbeitet werden kann.
Die ersten beiden Punkte "Verschwiegenheitspflicht" und "Regelmäßigkeit der Teilnahme" sind verbindliche Regeln für alle Teilnehmer.
Die anderen Punkte sollten nicht als Verbote oder Gebote betrachtet werden. Sie sollen Ihnen einen groben Leitfaden bieten um in der Gruppe effektiv arbeiten zu können und bestmöglich von der Gruppe zu profitieren.
Verschwiegenheitspflicht
Was in der Gruppe besprochen wird ist streng vertraulich. Teilnehmer verpflichten sich keine Informationen über andere Teilnehmer außerhalb der Gruppe preiszugeben. Dies gilt auch für die Zeit nach Beendigung der Therapie.
Pünktlichkeit und Regelmäßigkeit der Teilnahme
Eine wichtige Regel und grundlegende Voraussetzung dafür, dass ein Gruppenprozess in Gang kommen kann, ist das regelmäßige und pünktliche Erscheinen aller Teilnehmer. Sie sind für die Gruppe ein wichtiges und wertvolles Mitglied!
Die Erfahrung zeigt immer wieder, dass Teilnehmer um so mehr von der Gruppe profitieren je zuverlässiger sie teilnehmen.
Freie Mitteilung/Interaktion
Sie sind angehalten in der Gruppe mit anderen Teilnehmer frei zu interagieren und sich frei zu äußern.
Die grundsätzliche Methode und Technik der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie (egal ob in Einzel- oder Gruppentherapie) ist die sogenannte "Grundregel" (auch "analytische Grundregel" oder "freie Assoziation").
Sie sind angehalten sich frei mitzuteilen.
"Mitteilen" bedeutet hierbei sich zu äußern über das was sie denken, fühlen, erleben, wahrnehmen oder erinnern.
"Frei" bedeutet, sich mitzuteilen ohne "innere Zensur". Wir wollen in der Therapie lernen und üben wollen uns mitzuteilen, ohne dass wir uns von Ängsten, Scham, Hemmungen,
und anderen "inneren Verboten" hiervon abhalten lassen wollen.
Erfahrungsgemäß ist dies tatsächlich nicht leicht sondern eine große Herausforderung. Viele Patienten hadern sehr damit sich so frei und spontan mitzuteilen, Sie sorgen sich Ihre Mitteilungen könnten merkwürdig, unwichtig, unsinnig oder nicht hilfreich sein.
Tatsächlich gibt es aber keine "unsinnigen" Beiträge. Oft sind gerade diese rückblickend besonders wertvoll und interessant.
Sie dürfen und sollen in der Gruppe alles aussprechen, was Ihnen durch den Kopf geht oder Ihnen auffällt, egal, was es ist. Es gibt keine unsinnigen Beiträge! Die wichtigsten Beiträge sind oft die spontanen oder die, die nicht sofort verständlich sind. Durch dieses freie Sprechen soll der Zugang zu unbewussten oder vorbewussten Inhalten möglich werden. In der Gruppe können wir gemeinsam versuchen das noch nicht verstandene verstehbar machen.
Eine Struktur oder Reihenfolge oder Themen werden nicht vom Leiter vorgegeben.
Worüber gesprochen wird entscheiden Sie!
Durch die Interaktion und die Mitteilungen entsteht ein gruppendynamischer Prozess. Mitteilungen können verschiedene Formen annehmen. Hierzu zählen sowohl sprachliche Mitteilungen als auch der Ausdruck über Gestik, Mimik und Körpersprache.
Selbstwahrnehmung schärfen
Achten Sie auf ihr eigenes Erleben, ihre Gedanken, Gefühle, Impulse, auch auf ihre körperlichen Wahrnehmungen. Lassen Sie die Gruppe und die Mitteilungen der anderen Teilnehmer auf sich wirken.
Fragen Sie sich einfach immer wieder:
Wie geht es mir gerade?
Was fühle ich jetzt gerade?
Wie wirkt die Gruppe heute auf mich?
Was nehme ich in der Gruppe für eine Stimmung wahr?
Was nehme ich bei den anderen Teilnehmern war?
Was gehen mir gerade für Gedanken durch den Kopf?
Klären Erklären Verstehen...
Versuchen Sie erst einmal ihre eigenen Gefühle und ihr eigenes Erleben zu beobachten, wahrzunehmen und mitzuteilen. Gemeinsam kann die Gruppe versuchen zu verstehen, anstatt sofort alles zu erklären und zu deuten.
Dort, wo wir meinen alles schon erklären zu können, bleibt kaum Raum etwas neues zu lernen.
Wir sollten uns nicht unter Druck setzen alles sofort verstehen zu müssen. Tieferes Verstehen ist ein längerer Prozess. Wir müssen auch nicht immer sofort für alles eine Lösung haben. Wenn das so einfach wäre bedürfte es keiner Therapie!
Anstatt eine schnelle Erklärung und Lösung zu wollen erlauben wir uns "noch nicht zu verstehen", versuchen aber neugierig und interessiert zu sein die Dinge die wir noch nicht verstehen besser kennenzulernen.
Selbstoffenbarung
"Darüber kann ich nicht mit anderen reden!" ist ein häufiger Gedanke zu Beginn einer Gruppentherapie.
Gruppentherapie ist keine „Zwangsbeichte“ und kein „Seelenstriptease“. Ob, wie und wann Sie diese Möglichkeit für sich nutzen wollen entscheiden Sie. Wenn Sie das Gefühl haben dass es etwas gibt worüber Sie in einer Gruppe nicht sprechen können oder wollen, dann thematisieren Sie dies bitte im Einzelgespräch.
Im Verlauf werden Sie erleben, dass es auch möglich ist über sehr schwierige und intime Dinge in der Gruppe zu sprechen.
Meine Erfahrung als Gruppentherapeut ist, dass es in einer Gruppentherapie auch möglich ist über sehr schwierige Themen zu sprechen. Aus Themen und Erfahrungen die vorher unaussprechlich erschienen, von denen man dachte keiner könne sie nachempfinden oder verstehen, die man für zu beschämend oder für andere unzumutbar hielt, werden Themen, deren Bearbeitung in der Gruppe nicht nur möglich wird, sondern sogar nützlich, erleichternd und bereichernd.